Eigentlich ganz einfach: Sorge dafür, daß weder Du noch dein Kabel stören. Auch in der heutigen Zeit sind beim Fernsehen viele viele Kabel zu legen. Der Ton kommt zwar in der Regel per Funk, die Steadicam in den meisten Fällen auch, aber die einfachen Kameras sind noch immer fest mit dem Studio verbandelt. Die Kabel sind im Laufe der Jahrzehnte zwar immer dünner und leichter geworden, auch sind sie viel flexibler und damit leichter zu handhaben, doch trotzdem stören sie immer noch. Waren Kabelhilfen in früheren Zeiten oftmals Studotechniker, so ist das moderne Kabel problemlos von Hilfskräften betreubar.
Problemlos? Immer wieder kommt es vor, daß sich Kameramänner, Aufnahmeleiter oder gar Regisseure in das Kabelhilfenhandwerk einmischen müssen. Denn so leicht es auch aussieht, das Kabel zu halten, es steckt doch ein klein wenig mehr dahinter.
a) Das Kabel darf weder der eigenen noch irgendeiner anderen Kamera im Weg
liegen.
b) Das Kabel soll weder bei der eigenen noch bei irgendeiner anderen Kamera
im Bild sein
c) Die Kabelhilfe soll selber nicht im Weg/Bild sein.
Situationsabhängig sind diese drei Grundregeln mehr oder minder einfach zu gewährleisten:
a) So unscheinbar das Kabel auch aussieht, ganz ungefährlich ist es nicht.
Wenn ein Vinten-Pumpenstativ mit einer dicken Studiokamera auf so ein Kabel
drauffährt (Beides zusammen kann schon mal 270 Kilo wiegen), dann ist Schluß
mit Fahren - Das Kabel steckt unter dem Technikkoloß, und der kann sich
nicht mehr bewegen, weil die Rollen blockiert sind. Dazu kommt, daß gerade
moderne dünne Triax-Kabel unter solchen Belastungen schnell abisoliert
sind oder, noch schlimmer, einfach brechen. Damit es nicht zu diesem Horroszenario
kommt, muß ein Spezialist her:
Die Kabelhilfe muss wissen, wo die Kameras entlangfahren. Bei einem Studioaufbau,
in dem quasi nur in eine Richtung "geschossen" wird, ist das meist einfach:
Befahrbar muss der Bereich vis ‡ vis der Kulisse sein. Es gibt da eine Führungskamera,
die Totalen macht und sich meist wenig bewegt, dazu kommen mindestens zwei Kameras,
die Gespräche Schuß/Gegenschuß aufnehmen oder sich um Details
kümmern. In Interviewsituationen sollte es ruhig sein, so daß sich
die werdende Kabelhilfe in Ruhe mit dem Kabel anfreunden kann.
In Showstudios, die in alle Richtungen bespielbar sind, wird das zum Beispiel
schon schwieriger. In diesem Falle muss die Kabelhilfe in Absprache mit den
Kollegen von den anderen Kabeln (ggf. mit den Kameramännern) während
der Proben klären, welche Maßnahmen man ergreift.
Handelt es sich um eine Sendung ohne detaillierte Proben, muss man eventuell
schon ein wenig Routine mitbringen, um das Kabel sinnvoll zu legen. Mit der
Zeit lernt man so manchen Trick, der einem die Arbeit leichter macht. Wichtig
ist: Es gibt nicht immer genau einen "richtigen" Weg, aber meistens jede Menge
falsche Wege, ein Kabel zu legen.
Auf jeden Fall sollte die Kabelhilfe immer einen entspannten Blick auf die Kabel
der anderen haben, um ggf. helfen zu können. Wichtig ist es hier, nicht
übereifrig oder hektisch zu reagieren, dem Kollegen ins Kabel zu grabschen
oder sich mit zwei Kabeln in einer Hand vor der Aufnahmeleitungspraktikantin
zu profilieren versuchen.
Zuletzt noch eine Kleinigkeit, die oft unterschätzt wird: Das ganze soll
leise geschehen. Auf dem Studioboden, der in der Regel aus Holz besteht, machen
die Kabel ein charakteristisches Geräusch, das nicht nur dem Toningenieur
unangenehm auffällt. Daher bei aller Eile: Weile. Geschmeidig bewegen oder
das Kabel schon mal in Eigeninitiative weich einpacken, der Mehraufwand beim
Aufbau wird während der Sendung durch einachere Handhabung belohnt.
b) Wenn die Kabel die anderen Kameras nicht in ihren Bewegungen stören,
dann ist das schon mal die halbe Miete. Jetzt geht es um die Haltungsnoten.
Schon mal im Fernsehen darauf geachtet, wieviele Kabel auf dem Studioboden herumliegen?
Wohl kaum, denn in der Regel sieht man von dem Kabelsalat auf der Mattscheibe
nicht mehr viel. Wenn man a) erfolgreich hinbekommen hat, dann ist das Verstecken
der Kabel jedoch nicht mehr allzu schwierig, handelt es sich doch um eine reine
Schönheitskorrektur. Vor allem in einem rundherum bespielten Studio hat
man hier wieder die meisten Probleme, die jedoch auf dieselbe Weise zu bewältigen
sind wie unter a) : Absprache und mitdenken. So macht es beispielsweise Sinn,
das Kabel glat an in der Deko vorhandenen Kanten zu verlegen - schon fällt
es nicht mehr so schlimm auf.
c) So, das Kabel liegt nun, jetzt geht es um die eigene Haut. Die soll nämlich
den Zuschauern zu Hause nicht zugemutet werden. Das gestaltet sich bei der eigenen
Kamera noch recht leicht: Solange man nicht vor ihr steht, wird man auch nicht
abgeschossen. Für die anderen Kameras gilt: Immer schön orientieren,
wer gerade wohin schießt. Sicher ist man in unmittelbarer Nähe anderer
(vorzugsweise der eigenen) Kamera, denn es geht hier nicht darum, die Kabelhilfen
im Speziellen vom Auftauchen im Äther abzuhalten, sondern um Technik im
Allgemeinen. Gedankengang einer Kabelhilfe: "Hmmm, die Kamera da drüben
schießt so verdächtig in diese Richtung. Aber ich weiß, der
hat die Kamera an meinem Kabel nicht im Bild, also stelle ich mich ganz ganz
nah an meine Kamera ran, dann bin ich auch nicht im Bild." Das kommt eigentlich
immer ganz gut hin (wenn nicht, dann wirst Du vom Kameramann brutal aus dem
Bild gezuerrt). Wenn es Möglichkeiten gibt, sich irgendwohinter zu verstecken
(bitte nicht der Moderator der Sendung oder ähnliches), dann merke: Wenn
ich die Kameraoptik nicht sehen kann, kann sie mich auch nicht sehen. Aber Vorsicht:
Augen zuhalten gilt nicht!
Wenn die drei Grundregeln der Pflicht erfüllt worden sind, dann kann man
sich der Kür zuwenden: Stil, Eleganz und Präzision in einer unwiderstehlichen
Art kombiniert, was einem den Respekt und die Bewunderung der Kabel-Neulinge
einbringt. Sonst bringt es einem kaum was, außer, daß man von Kameramännern
mit Namen begrüßt wird (ggf. auch von Regieassistentinnen).
Die meisten dienstbeflissenen Kabelhilfen fallen in ihren ersten Produktionen
dadurch auf, daß sie auf JEDE Bewegung des Kameramannes mit extremem Eifer
reagieren. Das kann mitunter lustig sein, manchmal jedoch extrem dämlich
aussehen, besonders, wenn man sich in der Interpretation des Kameramannverhaltens
irrt und willenlos in eine falsche Richtung losstolpert. Auch immer wieder gerne
gesehen ist der Kollege, der sich die ganze Sendung lang abmüht, das Kabel
um den Kameramann herumzuführen, was modernem Ballet nicht unähnlich,
jedoch völlig überflüssig ist, denn wenn man den Kameramann bitten
würde, sich während der nächsten MAZ einmal um 360 Grad zu drehen,
dann käme das Kabel von der richtigen Seite und schon...
Ganz ehrlich: Das ist eigentlich völlig egal. Aber die kleinen persönlichen
Tricks sind es, die den Job so spaßig machen. Sei es das gezielte Schnippen
des Kabels über den Pumpenfuß einer 7 m entfernten Kamera, das elegante
Glattziehen des Kabels mit dem Fuß, wärend man mit der einen Hand
das Kabel einer anderen Kamera aus dem Bild hält und mit der anderen Hand
das eigene Kabel hält oder sei es das Meistern einer 360-Grad Fahrt in
einer Livesendung, obwohl das Kabel in den Proben von der anderen Seite kam,
der Kameramann es jetzt aber verschwitzt, sich auf die richtige Seite zu drehen.
Wichtig ist vor allem Eines: Bei aller Kür immer schön die Pflicht
im Auge beahlten, sonst besteht die nächste Kür in "Fresstyle-Ausreden-Suchen",
was aber immer schlecht aussieht. Und außerdem habe ich bei der Pflicht
vergessen:
d) die Kabelhilfe ist schuld.